Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht

Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht

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Was damals Abraham Lincoln so weise mit diesem Satz gesagt hat, bestätigt sich leider immer wieder. Und gerade im Social Web kommt erschwerend hinzu, dass sich schlechte Nachrichten schnell verbreiten. Sogar wesentlich schneller als Gute. So ist es nicht verwunderlich, wenn Hetzkampagnen – berechtigt oder nicht – eine hohe Leserschaft finden, die darüber hinaus gerne bereit sind, diese „Ungerechtigkeit“ in die Welt zu posaunen. Mit unter habe ich auch kein Problem damit, denn es gibt sicher einiges, was besser unterlassen oder getan werden sollte um uns nachhaltig eine bessere Welt zu bescheren. Gefühlt häufen sich jedoch die Ereignisse, die sich in den Netzwerken abspielen. Die Wippe beginnt sich in die andere Richtung zu bewegen, denn wenn der Mob sich einmal bildet, hat keine Organisation mehr etwas zu lachen.

Wenn es über das eigentliche Ziel hinaus geht

So geschehen zum Beispiel letztes Jahr mit der United Airlines. Dem kanadische Musiker Dave Carroll wurde auf einer Reise im Frühjahr 2008 seine Gitarre im Wert von 3500 Dollar beim Verladen zerstört. Den Schaden wollte United nicht erstatten, trotz, dass es Caroll und seine Band sogar aus dem Flugzeug mit angesehen haben, wie die Mitarbeiter mit dem wertvollen Instrument umgingen. Nach etlichen bösen E-Mails und Telefonaten, die allesamt nichts brachten, schwor Carroll sich mit drei Musikvideos zu revanchieren. Soweit so gut könnte man meinen, geschieht der United doch eigentlich recht. Wenn doch aber nach dem ersten Video bereits vom Unternehmen eingelenkt und versprochen wurde, den Schaden zu übernehmen – wozu dann noch die anderen beiden? Das Ergebnis des Imageschadens für United war nicht ohne: Song Nr. 1 kann 8,2 Mio Ansichten verzeichnen, Song Nr. 2 immerhin knapp 950.000 und der dritte, der jetzt Anfang März 2010 raus kam, hat immerhin schon fast 74.700 Aufrufe. Für mich nimmt das Ausmaße an, die bei mir einen kleinen bitteren Nebengeschmack hinterlässt. Denn mittlerweile scheint mir das nur noch zu einer einzigen Eigen-PR gewandelt zu haben.

Sportartikelhersteller gibt sich unsportlich

Es gibt aber durchaus auch Aktionen, die ich nicht unbedingt verurteilen kann, wie z.B. der Fall Jako. Wie viele im Netz mitbekommen haben, hat der Sportartikelhersteller sich letztes Jahr etwas übertrieben und gleich mit Hilfe einer Anwältin gegen angebliche unzulässige Schmähkritik verteidigt. Der Blogger zahlte und nahm den kritischen Blogbeitrag über das neue Jako-Logo vom Netz. Doch damit war es nicht genug: Ein Nachrichtenaggregator war etwas schneller und reproduzierte den Artikel, was nochmal Anlass war, ein Anwaltsschreiben rauszuschicken – diesmal mit der 5-fachen Erhöhung der Summe. Die Bloggerszene schrie auf und Jako gab schließlich klein bei. In einer Presseerklärung heißt es, sie hätten überreagiert.

Vorbildliche Einigung

Die bisher vernünftigste Beilegung eines Streits gelang meines Erachtens dem Online-Markplatz für Selbstgestaltetes, DaWanda und dem Modelabel Jack Wolfskin. Der Streit ist entfacht, als Artikel im Shop auftauchten, die Motive von Katzenpfoten drauf hatten und verkauft wurden. Jack Wolfskin nahm dies zum Anlass um DaWanda abzumahnen, weil diese Pfoten dem ihrer „Tatze“ ähnelten. Der Aufschrei im Internet bewirkte nun, dass Jack Wolfskin einsichtig die Abmahnungen zurücknahm. Dieser ganze Fall sollte auch nicht unbelohnt bleiben: Am 2. Februar 2010 wurde erstmalig der sogenannte „Oskr“ auf der Social Media Week in Berlin verliehen womit Kontrahenten bekannt gewordener Streits im Social Web bedacht werden. Jack Wolfskin wurde für seine offene Kommunikation geehrt und DaWanda dafür, dass sie diesen Fall nicht für die eigene PR ausschlachteten.

Wenn Hass geschürt wird

Und was muss ich heute mitbekommen: Greenpeace erklärt Nestlé den Krieg. Was eigentlich als Gute Tat gedacht ist, entpuppt sich meiner Meinung nach zu einer sehr unschönen PR-Schlammschlacht. Auf der Fanseite von Nestlé hält sich Greenpeace mit negativen Aussagen gegenüber den Machenschaften bei Nestlé nicht zurück. Unter dem Deckmantel etwas Gutes zu tun, hetzt Greenpeace die Masse auf und viele reagieren erstmal empört über Nestlés Machenschaften Palmöl für deren Produkte zu verwenden. Heiligt da der Zweck die Mittel? Ich denke nicht, denn so wie bei beim Fall der United Airlines bleibt auch die der Geschmack der Eigen-PR hängen. Persönlich denke ich, wäre uns doch allen viel mehr geholfen, wenn an einem Tisch gemeinsam eine Lösung ausgearbeitet wird.
Nestlé hält sich derzeit leider sehr zurück was die Kommunikation angeht. Lediglich eine Presseinformation wurde herausgegeben. Presseinformationen sind ja immer so eine Sache, denn leider lassen sie keine wirkliche Kommunikation zu. Soviel also zur Nutzung von Social Media. Es gehört doch ein bisschen mehr dazu. Wer sich über den Fall informieren möchte, sollte sich den Artikel bei Thomas Hutter durchlesen.

Alles in Allem sind dies vier ganz unterschiedliche Beispiele, welche Macht wir als Einzelperson mit Social Media an die Hand bekommen haben. Wir müssen daher lernen, mit dieser Macht zaghaft umzugehen und zwar unsere Meinung aber mit gut überlegter Formulierung in die Welt zu setzen. Und sollte es mal zu einer Auseinandersetzung kommen ist es von beiden Seiten wichtig, immer so miteinander zu kommunizieren, dass man sich am Ende des Tages noch in die Augen sehen kann. Dann kann sogar auch noch ein schöner Award dabei rauskommen.

Bildquelle: http://www.flickr.com/photos/mafleen/3295163029/

4 Kommentare Comments For This Post I'd Love to Hear Yours!

  1. Andrea sagt:

    Ein sehr gut geschriebener Artikel, mit guten Beispielen belegt. Oft meint man es gelte die Devise, erst mal draufhauen und nachher fragen ob es auch der richtige war. Verurteilungen sind schnell bei der Hand. Es ist toll, wenn Bloggerinnen wie du, die in Social Media ja zuhause sind, auch den Finger mal in die Wunde legen und bekennen, dass nicht immer alles nur schön ist was im Mitmachweb geschieht. Es ist wie überall, erst mal die Faktenlage checken, sich alle Beteiligten anhören und dann versuchen sich ein vorurteilsfreie, sachliche Meinung zu bilden.

  2. Bianca Gade sagt:

    Hallo Andrea,

    vielen Dank für Dein positives Feedback :) Ja wirklich, es sollten möglichst immer positive und negative Seiten beleuchtet werden (wovon es meistens immer welche gibt). Nur wer die Risiken kennt und einzuschätzen weiß, kann für sich richtige Entscheidungen treffen. Ob nun mit oder ohne Social Media – aufzwingen bringt in aller Regel nichts.

  3. Ben sagt:

    Hast du die Aktion von Simyo mitbekommen?

    http://blog.simyo.de/2010/01/23/simyos-nachbarschaftliche-gruse-an-vodafone/
    http://blog.vodafone.de/2010/01/28/chapeau-simyo/
    http://blog.simyo.de/2010/01/28/chapeux-vodafone/

    SO sollte das sein, und nicht anders.

    Und by the way: Das ist im Privatleben nicht anders. Wenn man wissen will, wie jemand ist, muss man ihm Macht geben. Über einen selbst (privat), eine gewisse Position im Unternehmen o.ä. – wer diese Macht ausnutzt, ist (in meinen Augen) ein schlechter Mensch.

  4. Bianca Gade sagt:

    Hallo Ben,

    das habe ich gar nicht mitbekommen, was für ein großartiges Beispiel für Fairplay unter Wettbewerbern! So macht es Spaß und wie Du schon schreibst: So sollte es sein :) Danke für das tolle Beispiel.

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