Ein kleines und beschauliches BarCamp sollte es werden, dieses zweite SaarCamp. Rund 25 Leute waren am ersten Tag ins VHS-Zentrum am Schloss angekommen, zum Teil aus Frankfurt und Karlsruhe angereist. So weit so gut. Ich verantwortete die heutige Brötchenabholung (Verpflegung ist so mit das Wichtigste überhaupt! ;)) und als diese am Gabentisch angerichtet waren und auch sonst alles für die Sessionplanung bereit war, ging´s dann auch schon los.
Als wir noch etwas schlaftrunken mit der Linken Hand den Kaffee hielten und mit der rechten auf Tasten oder Touchscreens tippten, weckte uns Theo. Mit dem Satz: „Sitzt Ihr gut? Dann steht mal auf!“ followeten wir ihm brav und raus in einen kleinen Park – ganz einsnullig eben. Ach, Vorstellungsrunde. So richtig begeistert war erst niemand (warum tun sich alle nur so schwer damit??) doch es hilft nicht nur die müden Glieder zu wecken, sondern auch um sich etwas kennenzulernen. Und Theo machte seine Sache gut und ja, es überforderte uns irgendwann mit drei Bällen zu jonglieren oder gar irgendwelche Reihenfolgen einzuhalten. Wir sollten uns schämen 😉
Die Sessionplanung übernahm dann ich und hm, so etwas besorgt war ich schon darüber ob wir den Tag voll bekommen. Aber die Sorge war völlig unbegründet und so hatten wir 6 Sessions (und was für welche!) in unserem lichtdurchfluteten Hauptsaal. Den Anfang machte (und bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege), der wohl jüngste Session-Halter Deutschland´s, Johannes Karger. Er ist elf und findet es gar nicht witzig, dass er Facebook nicht nutzen darf, weil er noch zu jung ist. Sein Vater Reinhard Karger (auch zugegen und zudem sehr Webaffin) sagt, er dürfe erst ab 13 – so wie es Facebook vorschreibt. Warum das so ist, versteht Johannes nicht und stellte damit zur Diskussion: Warum gibt es Facebook nicht schon für 11-jährige? Dabei war sein Argument, dass alle seiner Klassenkamaraden auf Facebook sind, nur er dürfe nicht. Wir hatten sehr viel Verständnis für Johannes und hatten es angesichts seines herausragenden Verständnisses über das Web und seine Menschenkenntnis nur zaghafte Versuche anstellen können, ihm die Gefahren im Netz darzulegen. Jugendschutz und Mobbing zum Beispiel. Erschüttert war ich auf seine Antwort auf die Frage von Andreas Sander, ob das Thema Soziale Medien überhaupt mit den Lehrern in der Schule besprochen werde: „Nein, das ist kein Thema was Lehrer anschneiden“, sagte Johannes. Uff. Könnt Ihr mir sagen, wieso nicht?? Quintessenz dieser Session brachte Andrea gut auf den Punkt: „unser 11 jährige hier wuerde auf Facebook besser zurecht kommen als so mancher 45 jährige“ (Twitter-Status) Weitere Fragen und Aussagen zur Session findet Ihr auf dem SaarCamp-Wiki.
Nächste Session fand passend nach der von Johannes statt: Rechtsanwalt und Mitsponsor (Danke!!) Marcus Dury ist Spezialist für Online-Rechtsfragen und erzählte eingangs etwas über seine Arbeit und einige Fälle in den Bereichen SEO, E-Commerce und Website-Prüfungen mit Fokus auf IT-Recht und dem Schutz geistigen Eigentums. Anschließend konnte jeder Fragen stellen, die unter anderem im Bereich der Bildverwendung, Social Media, wie man bei Abmahnungen vorgeht und wie die Haftung bei datenschutzrechlichen Dingen lagen. Hier geht´s zu den Infos im Wiki.
Danach gab es erstmal Mittagspause, die wir teils in der nahe gelegenen SUR-Picadas Bar bei lecker Grillgut und südamerikanischer Livemusik verbrachten.
Um zwei ging´s weiter mit PR und Sabine, die extra aus Frankfurt anreiste. Sie, selbständig mit langjähriger Agenturerfahrung, schilderte aus klassischer PR-Sicht die Dinge mit Social Media. Interessantes Argument, das mich zum Nachdenken brachte war, dass PR und Blogger nicht zu trennen seien. Jeder profitiert vom anderen und schon viele Journalisten sind selbst auch Blogger. Ein Slide gefiel mir dabei besonders. Er zeigte anhand von Motivationsgründen Social Media einzusetzen, dass Jugendliche sehr viel mehr den Spaß darin sehen als ältere PR´ler. Diese sehen in dieser Kommunikationsform eher das notwendige Übel. Ich hoffe, sie stellt die Slides noch auf das SaarCamp-Wiki, dann seht Ihr, was ich meine.
Ab dem Zeitpunkt wurde es zwei Sessions lang sehr philosophisch-wissenschaftlich. Will sagen: Meine Gehirnwindungen hatten echt zu tun als Andreas H. Drescher Maldix erklärte. Maldix kann man sich vorstellen wie ein „Geist“, bestehend aus XML und unzähligen Datenbankeinträgen aus der Literatur, die Andreas in über 10 Jahren zusammen trug. Als downloadbares Open-Source Programm ist Maldix eine Art Literatur-Skelett, dem es durch die emotionale Nutzung von Empathie und Ethik gelingen soll, Gespräche mit seinem Gegenüber zu halten und nicht nur das: Maldix lernt aus diesen Gesprächen und passt sich dem Typ seines Gesprächpartners an. Die Vorstellung ging dann auch noch weiter: Theoretisch könnte Maldix auch Eigenschaften von schon längst verstorbenen Künstlern annehmen und dann wie sie antworten. Tobias überlegte dann was wäre, wenn Maldix zentral in einer Cloud wäre und Daten aus dem Social Web empfangen könnte? Hätten wir sowas wie eine Maschine die uns die Sinn-Frage beantworten kann? #42 Wer sich mehr über das Programm informieren möchte, kann das hier machen. Alles in allem hat mich dieser Vortrag am meisten geflasht (obwohl ich mich mit Andreas schon im Vorfeld mal darüber unterhielt).
Reinhard Karger, Leiter Unternehmenskommunikation beim Deutschen Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz (DFKI) lies uns einblicken, wie weit die KI heute überhaupt ist (vielleicht kennen ihn die ein oder anderen auch vom Lab-Talk auf der diesjährigen CeBit). Fakt ist, dass es uns bis heute noch nicht ermöglicht ist, für uns ganz selbstverständliche Dinge mit Maschinen abzubilden. Noch immer können wir erkennen, was Mensch, was Maschine ist. Aber Reinhard wagte auch die Vorhersage, dass Roboter im Jahr 2050 gegen Fußballer-Weltmeister gewinnen werden. Spracherkennung ist schon heute extrem weit und auch Übersetzungen werden immer besser. Dabei haben wir kein Problem mit der Hardware, sondern nur mit der Software. Und wie es Roland passend auf Twitter zusammen fasste: „KI ist keine Frage von Rechenleistung. Kognitive Wissensleistung des Menschen zu simulieren, ist unmöglich“ … Und eigentlich finde ich das auch ganz gut so.
Andreas Sander stellte in der letzten Session ein spannendes Projekt vor: www.nischenthema.de
Bei Nischenthema geht es darum
1.) Das Internet in Nischen bringen,
2.) Nischenthemen mithilfe des Internets aus ihrem Schattendasein herausholen,
3.) sozial denkende Unternehmer(innen) für Nischenthemen sensibilisieren.
Sehr interessantes Beispiel war wikiwoods.org. Hier organisieren sich Menschen in einem Wiki, um der Umwelt etwas Gutes zu tun, indem sie Bäume pflanzen. Ein Film darüber könnt Ihr Euch hier ansehen.
Die Idee dahinter: Entweder man erstellt selbst ein Blog über ein Nischenthema oder man hilft anderen mit einer Blogpatenschaft damit. 55 Blogs machen schon bei Nischenthema mit, die sich übrigens auch auf Twitter und Facebook befinden. Ob das Konzept nicht auch ähnlich dem von SocialBar ist? Ihr werdet es mir sagen können
Alles in allem ein für mich gelungener Tag in einer wirklich klasse Location. Super chillig, mit viel Grün, neben dem Schloss und einem Brunnen vor dem Balkon. Hier noch ein paar visuelle Impressionen in der SaarCamp-Flickr-Gruppe:
Dann mache ich mich mal an meine eigene Session, denn morgen möchte ich etwas über das Fliegen erzählen – fern ab von Social Media & Co. Muss auch mal sein
Edit: Natürlich können Roboter nicht schon in 5 Jahren, sondern erst 2050 gegen menschliche Weltmeister im Fußball gewinnen.
Edit2: Das Maldix-Programm ist leider noch nicht downloadbar. Habe daher den Link geändert.
Danke, dass Du über unser kleines Netzwerk berichtest. Wir unterstützen von den klassischen Medien „vernachlässigte“ Themen beim Networking. Eine Liste der twitternden Blogpaten gibt es hier: https://twitter.com/#!/list/Blogpaten/twitternde-blogpaten
Schöne Zusammenfassung. Und so schnell danach – tolle Leistung!
Ich habe eine Anmerkung zu Reinhard Kargers Vortrag: Nach meiner Erinnerung sprach er davon, daß 2050 – und nicht in 5 Jahren – menschlische Spieler gegen Robots auf dem Fußballfeld keine Chance mehr hätten. Aber wer weiß? Vielleicht ereilt uns die Wirklichkeit auch hier schneller als die Vorhersage versprach?
Danke für die Blumen und auch vielen Dank für den Hinweis. Ich kläre das mit Reinhard
Super Bianca, ein toller Blogpost der mir deutlich vor Augen führt was ich verpasst habe. Aber dank der guten Zusammenfassung bekomme ich doch zumindest das wichtigste frei Haus serviert. Wünsche euch einen ebenso interessanten Tag morgen.
Ist wirklich schade, dass Du nicht kommen kannst. Umso schöner aber, wenn Dich der Artikel trotzdem erfreut
Bin auch schon gespannt auf morgen. Es haben sich schon einige Sessions angekündigt.
Hach, wie schade, dass ich nicht dabei sein konnte. Die Themen hören sich äußerst interessant an und ich freu mich für euch, dass es ein so gelungenes BarCamp geworden ist.
Was euch natürlich nicht davon abhalten sollte, nächste Woche zum Twitterstammtisch in Eppelborn zu kommen
Das war auch schade, dass Du nicht dabei sein konntest aber Du wohnst ja auch nicht gerade um die Ecke 😉 Mal sehen, ob ich es zeitlich hinkriege nach Eppelborn zu kommen, werde mir aber Mühe geben, versprochen!