Krisenmanagement: Reagieren ja – aber wann?

Krisenmanagement: Reagieren ja – aber wann?

Written by ChiliConCharme

Topics: Strategie & Analyse

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Wer mit Kritik im Web umgehen muss, muss zwei Dinge optimal zusammen führen: Ton und Zeitpunkt. Das Schwierige an den Punkten ist, sie strategisch anzuwenden – denn vieles ist eine Frage der Intuition. Erfahrene Kommunikationsmangager haben es ein wenig leichter als andere. Doch was tun, als Anfänger, der sich möglicher Kritik eher ängstlich als mutig im Web stellt – oder auch nicht?

Alles von dem, was ich bisher zum Thema Krisenmanagement im Social Web las, hatte damit zu tun, WIE ein Unternehmen im Web zu reagieren hat. So hat allfacebook, kürzlich ein sehr interessantes Whitepaper von René Rübner veröffentlicht, in dem das Krisenmanagement für unternehmerische Facebook-Seiten behandelt wird. Hier ein grafischer Auszug:

Zum eigentlichen Zeitpunkt, WANN die Antwort erfolgen sollte, wird vor allem empfohlen, je nach Schwere des Falls, schnell zu reagieren. Aber ist das auch immer richtig und wichtig, dass man reagiert? Und wie schnell ist schnell und kann man die Schwere des Falls näher erklären? Kann die Zeitpunkt-Frage auch genauer definiert werden?

Ich möchte die etwas schwammige Formulierung mit einer Studie erweitern, die ich gestern entdeckt habe. In der Studie werden vier unterschiedliche Reaktionstypen und deren Nutzen benannt:

  • Soft real-time: Nach Ablauf der Deadline kann man reagieren, muss aber nicht. Doch der Nutzen nimmt stetig ab, je länger gewartet wird. Keine Reaktion richtet aber auch keinen Schaden an.
  • Firm real-time: Der Nutzen tendiert gegen Null, wenn bis zur Deadline nicht reagiert wird. Keine Reaktion richtet aber auch keinen Schaden an.
  • Hard essential: Wird bis zur Deadline nicht reagiert, geht der Nutzen ins Negative. Es entsteht ein konstanter Schaden.
  • Hard critical: Wird bis zur Deadline nicht reagiert, geht der Nutzen ins unendliche Negative. Das bedeutet: Katastrophe

Grafisch sieht das so aus:


Quelle: Dr. Opher Etzion

Ich finde das insofern interessant, als dass sich daraus eine Methode ableiten lässt, wie Unternehmen künftig kritische Situationen und deren Risiken, besser einschätzen können: Vorher gesammelte (Worst-)Case-Szenarien werden in eine der vier Kategorien eingestuft und mit zur Verfügung stehenden Ressourcen, samt Lösungsszenarien umgesetzt – oder, je nachdem, eben nicht. Denn auch wenn viele sagen, das Unternehmen sollte immer und zu jeder Zeit reagieren, so ist es in der Praxis nicht immer umsetzbar, da dafür Arbeitszeitregelungen erstmal geändert werden müssten. Und wer keinen, mit Leib und Seele seinen Job ausführenden, Kommunikationsmanager im Unternehmen beschäftigt, der Tag und Nacht freiwillig den/die Account/s beobachtet, so wird ein Betriebsrat ganz sicher ein Auge darauf haben.

Soweit so gut. Was mir an der Theorie von Dr. Etzion jedoch fehlt, ist der Umkehrschluss: Seine Theorie behandelt nur den Krisenfall. Was ist aber bei Situationen, in denen Reaktionen Chancen bieten? Oder gilt, dass grundsätzlich jede Reaktion eine Chance ist? Hierzu hat sich CEO und Blogger R „Ray“ Wang, schon seine Gedanken gemacht. In seiner Grafik veranschaulicht er, die vier Interaktionstypen und ihren geschäftlichen Nutzen:

Zur Erläuterung:

  • Antizipation (rechts oben): Für eine proaktive Reaktion ist viel Engagement und Herzblug gefragt. Beispiele sind Angebote, Anregungen, Aktionen, etc.
  • Kritischen Reaktionen (rechts unten): Hierauf scheinen die meinsten „Real-Time“ Use Cases zu passen. Es beinhaltet Fristen, Verpfichtungen und Vorschriften. Beispiele hierfür sind Reaktionszeiten, regulatorische Anforderungen, Benachrichtigungen, übertretene Grenzen und Vereinbarungen.
  • Nice things to do (links oben): Aktives Engagement mit minimalem Nutzen. Beispiele sind Status-Updates, Kurzinformationen, nice-to-know Informationen und allgemeine Benachrichtigungen.
  • Zeitlose Antworten (links unten: Informationen, die jederzeit publiziert werden können und dessen Veröffentlichung, keinen Mehrwert für das Unternehmen haben. Beispiele sind Log Reports, Kurze Action-Items, nice-to-know Informationen.

Im Social Web ist die genaue Reaktionszeit, in Verbindung mit dem daraus resultierendem Nutzen und im Zusammenhang mit den Risiken, nicht irrelevant. Darum ist es im Vorfeld wichtig, sich auf mögliche Szenarien vorzubereiten. Damit meine ich nicht nur die Risiken abzuschätzen, sondern vor allem auch die Chancen. Denn schließlich investiert man nicht Zeit und Geld in eine Sache, von der man am Ende nur eins hat: Schadensregulierung. Aber Fakt bleibt wohl auch, dass Erfahrung und Engagement viel dazu beitragen können, Ton und Zeitpunkt optimal in der Kommunikation einzusetzen. Und so ein bisschen, beruhigt es mich auch :)

Was meint Ihr zu den Theorien? Ist das für Euch in der Praxis anwendbar? Macht Ihr das vielleicht sogar schon so?

Bildquelle: http://www.flickr.com/photos/tonivc/2283676770/

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