Versicherung und Social Media: Geht das?

Versicherung und Social Media: Geht das?

Written by ChiliConCharme

Topics: Strategie & Analyse

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Eine spannende Frage, die Hubert auf seinem Blog stellt. Er arbeitet bei einem Versicherungsunternehmen, die sich entschieden haben “Social Media zu machen” und bittet seine Follower nun um Ideen. Unsexy. War mein erster Gedanke. Wer will schon was von Tarifen und Versicherungsprodukte wissen? Ich jedenfalls nicht. Vielleicht würde ich seinem Unternehmen sogar noch folgen, weil ER da ist. Ah. Das wäre doch ein Aufhänger: Ja, ich wäre bereit die Tweets / das Weblog / die FB- und G+ Seite zu abonnieren, weil ich ihn kenne und schätze. Allerdings würde ich mir seeehr schwer damit tun, Versicherungsprodukte weiter zu verbreiten. Was also tun, um das Produkt Versicherung vom Staub und Kruste zu befreien und einem interessanten Touch zu verleihen?

Konzepte müssen her. Das beinhaltet ein „Big Picture“, das am gesamten Unternehmen aufgehangen werden sollte und darunter Konzepte zum Inhalt, der Technik und zum Organisatorischen. Da ich die leider unmöglich alles bloggen kann, hier ein paar Anregungen:

Ziele & Strategie
Die Versicherungsgesellschaft sollte sich in erster Linie Ziele legen. Das bedeutet unweigerlich die Konfrontation mit der Frage, warum sie sich mit Social Media beschäftigen möchte. Außerdem ist das Thema nichts, was mal so nebenbei gemacht werden kann, d.h., auch die Ressourcen müssen klar sein und die Mitarbeiter sollten entsprechende Kompetenzen besitzen um im Social Web zu agieren (damit meine ich nicht nur zu wissen, wie man einen Tweet absetzt).
Außerdem sollten sie sich anhand der gesteckten Ziele überlegen, welche Bereiche des Unternehmens eingebunden werden müssen. Ich kann nur davor warnen, es ausschließlich der PR und Marketingabteilung zu übergeben. Grund dafür ist, dass es unweigerlich zu Produktfragen vom Kunden / Interessenten kommen wird, die diese Abteilungen häufig nicht im Detail beantworten können. Marketingsprüchen oder Presseinfos helfen nicht, wenn sich Unmut kundtut – dies hatte EspritDE erst kürzlich zu spüren bekommen müssen. Hintergrund: Die Beschwerde einer Kundin zu Magermodels führte dazu, dass lediglich ein PR-Text als Kommentar hinterlassen wurde – was die emotionale Diskussion nur noch mehr anfachte. Sowas passiert natürlich nicht nur im Fashionbereich, sondern auch in anderen Branchen. Bedeutet folglich: Die interne Kommunikation sollte mit dem Entschluss, sich im Social Web zu bewegen, ebenso optimiert werden. Wie man das macht, wissen die @netmedianer übrigens sehr gut 😉

Wenn die Ziele klar sind, können nun konkrete Ideen ins Konzept fliesen. Und tatsächlich: Nach einigem Nachdenken gibt es aus meiner Sicht wirklich spannende Dinge, die Versicherungen viral für sich nutzen können:

Geschichten aus dem Leben
Wenn es um Versicherungen geht, geht es immer auch um Menschen und deren Schicksale. Um Geschichten. Die Idee ist, solche Geschichten zu Papier zu bringen oder besser gesagt, auf ein Weblog. Menschen lieben Geschichten von anderen Menschen. Klar, dass die Protagonisten aus Datenschutzgründen anonym sein sollten. Mein Vorschlag: Geschichten aus dem Leben bloggen, bei denen die Versicherung helfen konnte.

Tweet für zwischendruch: Witzige Formulierungen
Es ist nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden um einen Versicherungsfall zu melden. Wenn ein Mitarbeiter über eine gelungen-witzige Formulierung stößt, warum nicht auch auf Twitter bekannt machen? (anonym natürlich) Das sorgt sicher für Lacher und Retweets.

Tipps & Tricks (z.B. Formulare)
Formulare auszufüllen ist für so ziemlich jeden ein Akt des Frustes. Man könnte in einem Weblog Tipps geben, wie in bestimmten Fällen Formulare ausgefüllt werden müssen und ggf. auch wer bei Fragen weiter helfen kann.

Support
Ein Glücksfall wäre, wenn Kunden und Interessenten in den sozialen Kanälen (z.B. Twitter, G+ und/oder Facebook) direkt Fragen zu Produkten und zu diversen Abwicklungen stellen, also Support bekommen könnten. Die Herausforderung dabei ist, dass die interne Kommunikation gewährleistet sein muss, sodass Fragen kompetent und schnell beantwortet werden können. Sollte ein PR-Mitarbeiter dies übernehmen, muss folglich die interne Kommunikation zum Support gewährleistet sein – oder der Support beantwortet die Fragen selbst (erwarten würde ich eine Antwort innerhalb des selben Arbeitstages).

Netzwerken
Das Potential, Kunden und Noch-Nicht-Kunden zusammen zu bringen, nutzen meiner Ansicht nach noch viel zu wenig Unternehmen. Dabei sind gerade die Empfehlungen unter Freunden so wichtig im Social Web. Aber nicht nur das: Idealerweise kommen Menschen im Social Web über Themen zusammen und werden erst dann “Freunde”. Das Thema kann in diesem Fall Versicherungen sein: Was läge da näher als sich eine Facebook-Gruppe zu moderieren, wo sich die Mitglieder vernetzen und austauschen können? Für Geschäftskunden wäre XING auch eine gute Wahl. Wichtig ist zu wissen, wo sich die Zielgruppe aufhält und agiert. Eine Analyse sollte Klarheit schaffen.

Employer Branding & Recruiting
Je attraktiver ein Unternehmen für Fachkräfte ist, umso größer ist die Auswahl. Social Media ist predistiniert dafür, sich als interessanten Arbeitgeber darzustellen (siehe auch nächsten Punkt: Mitarbeiter einbinden). Das kann mit Videos von und mit Mitarbeitern funktionieren (die Krones AG macht das z.B. sehr gut) und Berichte/Fotos von Mitarbeiterevents. Wichtig ist, dass der Mensch im Mittelpunkt steht – wie eigentlich beim gesamten Social Media Konzept.
Doch Vorsicht: Ist die Unternehmenskultur ungleich dessen, was im Web erzählt wird, fliegt der Nepp bei Mitarbeitern und externer Leserschaft schnell auf. Social Media kann nichts „darstellen“ sondern ist die authentische Abbildung seines selbst. Das sollte jedem klar sein.

Mitarbeiter einbinden
Zufriedene Mitarbeiter in den sozialen Netzwerken, fördern die positive Wahrnehmung des Unternehmens. Wer sie aus diesen Netzwerken aussperrt, benötigt unweigerlich mehr Geld und Ressourcen für seine Social Media Ziele. Wichtig ist: Alle Kanäle öffnen um die Mitarbeiter jederzeit kommunizieren zu lassen. Kleines Beispiel: Auf Facebook gibt es die Möglichkeit, die Facebook-Seite seines Arbeitgebers im Profil zu verlinken. So kann jeder Social Web aktive Mitarbeiter automatisch auch Sprachrohr für das Unternehmen sein. Das ist förderlich für´s Unternehmensimage und zeitgleich auch für die Zufriedenheit und Medienkompetenz der Mitarbeiter.

Social Media mit Partnern
Wie steht es eigentlich um die Kommunikation mit Partnern, wie den Versicherungsberatern draußen? Ich mag mich täuschen, aber ich sehe Konfliktpotential, wenn Tipps über das Web nun direkt von der Versicherungsgesellschaft gegeben werden sollen. Die eine Möglichkeit ist, keinen Support im Social Web zu unterstützen (wird schwierig, da Anfragen nicht kontrolliert werden können), die andere ist, die Berater einzubinden um ihnen die Sorge vor Gewinneinbußen zu nehmen. Beides hat stark damit zu tun, ob die Versicherungsgesellschaft über eine gute Strategie für die interne Kommunikation verfügt.

Sonstige Themen
Alle weiteren Informationen: Statistiken, interessante Präsentationen, Eventrevues (samt Bilder), Einblicke hinter die Kulissen, uvm.

Nachdem ich mir ein paar Gedanken gemacht habe, glaube ich, dass auch in einer Versicherungsgesellschaft sehr viel Potential steckt um sich dem Thema Social Media anzunähern. Da ich gerne das Gesamtbild betrachte, geht meiner Ansicht nach kein Weg daran vorbei gleichzeitig die internen Abläufe zu optimieren. Wer unsicher ist, wie man dies alles bewerkstelligen kann, sollte sich überlegen, einen Berater kommen zu lassen. Häufig haben sie schon einige Unternehmen in der Einführung begleit und können daher aus der eigenen Erfahrung Tipps geben und sowohl Ziele erarbeiten als auch in der Konzeption unterstützen. An der Stelle kann ich aber keinen uneigennützigen Tipp abgeben 😉

Dir Hubert, wünsche ich viel Erfolg und dass alles bald so kommt, wie Du es Dir vorstellst :)

Was meint Ihr? Kann eine Versicherung sexy genug sein um für Euch in den sozialen Netzwerken interessant zu sein?

Bildquelle: http://www.flickr.com/photos/48329209@N03/4430809509/in/photostream/

8 Kommentare Comments For This Post I'd Love to Hear Yours!

  1. Hubert sagt:

    Bianca, als Du bei mir kommentiertest: „Das riecht nach einem Blogpost am Wochenende. Hab da schon ein paar Ideen :)“, ahnte ich nicht, dass Du daraus gleich eine Erstberatung machst :)))) Hammer! Ich weiss schon, warum ich Schaf und Ziege zu Dir sage ;))

    Nein mal ernsthaft, was Du hier alles geschieben hast, finde ich top, habe es grade nochmal gelesen, weil ich es erst nicht so recht fassen konnte, dass Du das so ausführlich machst!

    Hab herzlichen Dank, dafür haste was bei mir gut!

    Hubert

  2. mahrko sagt:

    Schöner Blogetrag. 😉

  3. Bianca Gade sagt:

    @Hubert: Es ist tatsächlich mehr geworden als geplant, trotzdem ist es nur ein Bruchteil dessen, was Euch vermutlich an Fragen erwartet 😉

    @mahrko: Danke :)

  4. Michaela sagt:

    Hallo Bianca.

    Danke für den sehr ausführlichen Post. Spontan musste ich bei Deinem Beitrag an das Social Web Breakfast in Düsseldorf Anfang des Jahres denken, wo es genau um dieses Thema ging: http://echtzeitig.com/2011/03/18/social-web-breakfast-in-dusseldorf/

    Zu Deiner Frage: Ich kann mir durchaus vorstellen, „Fan“ einer Versicherung zu werden. Momentan beobachte ich das Ganze aber eher aus „professionellem Interesse“ und vielleicht auch, weil „meine“ Versicherung mich in den Social Media bisher (noch) nicht überzeugen konnte… 😉

  5. Bianca Gade sagt:

    Danke Michaela für den Hinweis auf echtzeitig! Wäre gern dabei gewesen :)

    Momentan folge ich noch keiner Versicherung aber die ASSTEL macht mir wirklich einen sympatischen Eindruck. Gefällt mir bisher gut, wie sie Social Media umsetzen und dass sie die Mitarbeiter so in den Mittelpunkt stellen. Es geht ja auch um Persönlichkeit und um Menschen. Das kommt gut an :)

  6. Sonja sagt:

    Hallo Bianca,
    Danke für das Lob. In Deinem Post steckt sehr viel Wahrheit und einen großen Teil Deiner Ratschläge berücksichtigen wir bereits.
    Kunden-O-Töne haben wir in unserem Blog auch schon kommuniziert: http://www.asstelblog.de/reden-ist-silber-schweigen-ist-gold/#more-516
    Wenn Du Verbesserungsvorschläge für unsere Social Media Aktivitäten hast, immer her damit 😉
    Schönes Wochenende und Grüße aus Köln

  7. Bianca Gade sagt:

    Hallo Sonja,

    Ihr macht das schon so prima! Wenn mir noch was einfällt, melde ich mich gern :)

    Dir auch ein schönes WE und immer nur weiter so!

  8. Smolix66 sagt:

    Hallo vielen Dank für den Blogeintrag. Wir machen es schon geraume Zeit so und es sind viele Positionen dabei die wir auch versuchen umzusetzen. Vorallem aber ist Vertrauen, symphatie und Verlässlickeit gefragt. Unsere Erfahrung ist, das man mit vernünftigen Reaktionen auf Einträge und Rückmeldungen auch eine faire Kommunikaiton aufbauen kann. Der Invest ist hoch und am Anfang ist eine Return oder „echte“ Rechengrößen nicht zu erwarten. solix

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